Management Summary
Ausgangslage
Das Mehrzweckflugzeug Bombardier CL-604 ist seit Juni 2019 bei der Schweizer Luftwaffe im Dienst. Zuvor wurde dieser Flugzeugtyp bei der schweizerischen Rettungsflugwacht Rega für medizinische Repatriierungsflüge von verletzten Personen im Ausland eingesetzt. Zwei dieser Flugzeuge wurden von der Schweizer Armee mit dem Betrieb durch die Luftwaffe, mit komplettem, dazugehörigem Material übernommen. Das dritte Flugzeug des gleichen Typs steht mittlerweile im Verkehrshaus Luzern. Bei uns sollen die Flugzeuge für verschiedene Missionen eingesetzt werden können, weshalb noch gewisse Modifikationen und Neubeschaffungen von Materialien notwendig sind.
Zurzeit findet die Einführung der beiden Flugzeuge statt. Die Piloten werden umgeschult und das Bodenpersonal sammelt Erfahrungen im Bereich der Maintenance sowie der Bereitstellung und Wartung des Flugzeugtyps. Gleichzeitig arbeiten im Hintergrund mehrere Mitarbeiter aus dem Betriebs-Engineering der Luftwaffe, unsere Piloten des Lufttransportdienst des Bundes (LTDB), die armasuisse und die Logistikbasis der Armee (LBA) an der Umsetzung der Anforderungen des Einsatzkonzepts sowie weiteren notwendigen Massnahmen, die bis zum voll operationellen Betrieb umgesetzt werden müssen.
Im Bereich des Cargo-Konzepts gab es noch Bedarf an Unterstützung, welche sich durch meine Mitarbeit in Form einer Diplomarbeit als sehr nützlich herausstellte.
Als Vorgabe habe ich das Anforderungsprofil der Arbeitsgruppe erhalten sowie schon teilweise ausgearbeitete Konfigurationsvarianten durch den Chefpiloten und des Betriebsengineerings, welche ich durch meine Ideen ergänzen, ausbauen oder in Rücksprache sogar ändern könnte. Die Luftwaffe besitzt zurzeit keine speziellen, für den CL-604 geeignete Behältnisse zur Frachtbeförderung. Die vorhandenen Bodenplatten, welche mit der Übernahme der Flugzeuge von der Rega mitgeliefert wurden, können in der jetzigen Form so bei der Luftwaffe nur eingeschränkt für Frachtbeförderung eingesetzt werden. Sie decken durch ihre Dimensionen nur Teile des Kabinenbodens ab, der durch die Bodenplatten geschützt werden soll. Durch meine Mitarbeit sollen die Prozesse zur Herstellung von neu benötigten Teilen, zur Konfigurationsänderung in Form von einem Frachtflugzeug, unterstützt und vorangetrieben werden. Das Ziel ist, dass ab dem ersten Quartal 2020 eines der beiden Flugzeuge für solche Missionen eingesetzt werden kann.
Weiter soll die Luftwaffe mit diesen Flugzeugen ihre Einsatzfähigkeit erweitern, wofür in einem weiteren Teil meiner Arbeit aufgezeigt wird, was die Möglichkeiten für die Zukunft sind und welche Schritte notwendig wären um Einsparungen zu erzielen.
Anforderungsprofil
Um den Ein- und Ausbau der Cargo-Bodenplatten in Bezug auf die Grösse und das Gewicht zu erleichtern, soll die Abdeckung des gesamten Kabinenbodens modular mit sechs Platten erfolgen können. Das Eigengewicht der sechs Bodenplatten und der Beladeplatte dürfen 10% des maximalen "Payloads" pro Platte nicht überschreiten. Ausserdem soll eine Montage bzw. Demontage gewichtsbezogen – vorausgesetzt die gewählten Grösseneinheiten pro Platte erlauben dies – durch eine Person möglich sein, weshalb das Gesamtgewicht der Platteneinheit 25kg nicht überschreiten darf. Es ist deswegen eine leichte Bauweise vorzusehen. Die Bodenplatten sollen baugleich und somit modular und austauschbar sein.
Die Bodenplatten sollen in Längsrichtung über total fünf verschiedene Befestigungsschienen verfügen, damit verschiedene Dimensionen der Transportbehältnisse befestigt werden können.
Zur rutschsicheren Befestigung von Containern/Behältnissen sollen pro Flugzeug mindestens zehn Fixierschienen (zur Montage auf den Befestigungsschienen in Querrichtung) und genügend Befestigungsringe (zum Einhängen von Cargo-Netzen und zusätzlichem Fixieren von Lasten) beschafft werden.
Zusätzlich braucht es für den Eingangsbereich bei der Türe eine mobile Beladeplatte, welche lediglich beim Laden und Entladen den Boden in diesem Bereich schützt und gleichzeitig dafür sorgt, dass es keine Höhenunterschiede von der Rampe bis zu den eigentlichen Bodenplatten gibt. Für eine vereinfachte Handhabung soll diese Beladeplatte faltbar ausgelegt sein und im Flugzeug möglichst einfach befestigt und transportiert werden können.
Der Umbau der Konfigurationen von 18 Sitzen auf sechs Bodenplatten für Cargo, soll von zwei Mitarbeitern in maximal drei Stunden durchgeführt werden können.
Weitere Vorgaben/Limitationen durch Dimensionen und Belastungsgrenzen des Flugzeugs:
- Maximale Belastung der Rampe am Flugzeug ist 400kg
- Behälter darf höchstens 200kg wiegen, da mit zwei Personen auf der Rampe und der Last des Behälters die max. Belastung der Rampe erreicht wird.
- Maximale Nutzlast des Behältnisses ist ca. 300kg
- Abmasse der Cargo-Bodenplatten ist ca. 1650mm x 1040mm
- Höhe des Behälters max. 1250mm
- Bodenfreiheit des Behälters min. 120mm
- Kabinenhöhe liegt bei 1850mm (center line)
- Dimensionen im Eingangsbereich: Türbreite: 900mm, Türhöhe: 1730mm
- Breite der Rampe entspricht 730mm
Realisierung
Da die Kabine eine neue Konfigurationsvariante bekommen soll, ist es notwendig zu überprüfen, ob das Flugzeug, gemäss Vorgaben der EASA, die Anforderungen mit der 1,5-fachen Sicherheit erfüllt. Dies versuche ich nun mit Berechnungen in Form eines Festigkeitsnachweises zu erbringen. Im folgenden Abschnitt wird der Ablauf kurz erläutert. Um sich für den folgenden Teil der Projektrealisierung einen Überblick der wirkenden Kräfte zu erhalten, welche auf das Flugzeug einwirken können, und was die Bodenstruktur, die Bodenplatte, die Befestigungspunkte und das Behältnis ungefähr aushalten müssen, wurde eine Gesamtübersicht konstruiert. Hierbei geht es darum, die maximal angestrebte Variante mit sechs Bodenplatten und sechs Behältnissen zu überprüfen, um in einem weiteren Schritt die einzelnen Teile, wie Bodenplatten, Behältnisse und Befestigungspunkte zu berechnen und zu dimensionieren.
(Die Berechnungen und erstellten CAD Zeichnungen befinden sich in den Downloads)
Belastungsgrenzen des Flugzeugs:
- Upward: 2,0g = 5886N
- Downward: 4,5g = 13244N
- Forward: 9,0g = 26487N
- Sideward: 1,5g = 4415N
In einem zweiten Teil der Realisierung habe ich versucht aufzuzeigen, wo in Zukunft mit einem militärischen Transportflugzeug Kosten eingespart werden können. In einer kleinen Evaluation auf der operationellen Seite habe ich verschiedene Typen miteinander verglichen und als Endergebnis ein Vorschlag gemacht. Was ich als äussert wichtig erachte, ist, dass die Auswahl der Transportflugzeuge und deren Vor- und Nachteile auf persönlicher Meinung und Recherchen basieren. Denn es liegt nicht in meiner Handlungsfreiheit über einen solchen Typenentscheid zu Urteilen. Dies ist eine politische Angelegenheit, welche bei einem positiven Entscheid durch eine Evaluation entschieden wird. Trotzdem hoffe ich natürlich, mit diesem Teil der Arbeit, gewisse Anregungen gemacht zu haben und für die Leute, welche eine nächste Evaluation durchführen, meinen Beitrag leisten konnte.
Auswertung
Der Challenger CL-604 ist kein militärisches Transportflugzeug, dennoch hat die Realisierung der Arbeit positive Erkenntnisse zum Cargo Konzept geliefert. Eine Idee, eine Konfigurationsvariante für Cargo zu erstellen, ist durchaus möglich. Beim gesamten Konzept ging es darum, die maximale Variante mit sechs Transportkisten und sechs Bodenplatten zu realisieren. Dies ist mir mit Recherche und Kenntnissen aus dem Unterricht der Fachrichtung Flugzeugtechnik gelungen.
Die Bodenstruktur des Challenger im Gesamtrahmen zu berechnen, hätte den Bogen der Arbeit überspannt und wäre für mich, als angehender Techniker HF, fast unmöglich gewesen. Durch Gespräche mit unserem Betriebsengineering wurde ich darauf aufmerksam gemacht, dass dies aufgrund der teilweise nicht erhältlichen Herstellerdaten, fast einer Neuentwicklung gleichkäme. Dennoch habe ich während meinen Treffen mit dem Diplomlehrer erfahren, was wichtig für meine Arbeit war. Es wurden die Knickung und die kritische Verbindung zwischen den Längs- und Querbalken der Bodenstruktur berechnet. Beide Berechnungen sind positiv ausgefallen und liegen über dem Sicherheitsfaktor von 1.5.
In einem weiteren Schritt wurde für die neue Konfigurationsvariante das "Center of Gravity" neu berechnet. Bei der vollen Auslastung mit Cargo um 2000kg, liegt der C.G. innerhalb der Enveloppe aus dem Weight and Balance Manual. Eine wichtige Erkenntnis ist, wenn das Flugzeug leer ist und nur die Bodenplatten montiert sind, liegt der Zero Fuel Mass (ZFM) ausserhalb der Enveloppe. Das heisst, wenn kein Fuel in den Tanks vorhanden ist, wird das Flugzeug hecklastig und könnte kippen. Hierfür wäre mein Vorschlag, wenn die Bodenplatten so konstruiert werden, dass sie mit Schnellsicherungsbolzen versehen sind, dass die Piloten selbständig die hinteren Bodenplatten demontieren und auf den vorderen beiden Bodenplatten befestigen könnten, was zu einer Verlagerung des Schwerpunktes nach vorne führen würde.
Für die Auswertung der Transportkisten habe ich den morphologischen Kasten angewendet. Hier war es nicht ganz einfach, eine passende Transportkiste zu finden, denn die Anforderungen an ein lufttransporttaugliches Transportbehältnis in der Fliegerei ist sehr hoch. Die Sicherheit liegt an oberster Stelle. Ich habe die Anforderungen in folgende Kriterien unterteilt: die Verfügbarkeit, die Materialeigenschaften, die Herstellung und die Fertigung, Befestigungsmöglichkeiten, Handling, der Verschleiss und die Kosten. Durch meine Auswertung ging die Kunststoffkiste von Kappeler Verpackungssysteme AG als beste Variante hervor, welche die Lufttüchtigkeitsanforderungen nach ATA 300 erfüllt.
Meine persönliche Meinung über ein neues Transportflugzeug hat keinen Einfluss, dennoch möchte ich diese in meiner Arbeit erwähnen. Aus jetziger Sicht würde ich mich wohl für einen C-27J Spartan entscheiden. Dieses Transportflugzeug wäre aus meiner Sicht optimal für unsere Bedürfnisse. Was ich als Vorteil bei diesem Typenentscheid erachten würde, ist, dass bei der Erkenntnis durch unsere Politik, beim Betrieb von zwei solcher Transportflugzeuge, enorme Kosten eingespart werden könnten. Die Möglichkeit besteht, zu einem späteren Zeitpunkt, die Flotte mit C-130 Hercules auszubauen. Die Umschulung der Piloten wäre verhältnismässig klein, da die Cockpits identisch aufgebaut sind. Auch im Bereich Unterhalt und Betrieb der Flugzeuge sehe ich da keine markanten Unterschiede. Mein Teil der Evaluation besteht lediglich auf dem operationellen Betrieb. Die anderen relevanten Bereiche, wie logistische Aspekte, Nutzerfreundlichkeit sowie Support der jeweiligen Lieferanten, kann ich nicht beurteilen.
Schlusswort
Die Arbeit als Ganzes war wirklich sehr spannend. Während der Arbeit kommen einem tausend weitere Gedanken und Ideen in den Sinn, die man auch noch gerne in die Arbeit aufnehmen möchte. Dann muss man sich zurück an den Anfang besinnen und seine Themeneingabe nochmals durchlesen. Was sind genau meine Ziele und Erfolgskriterien? Dies habe ich während meiner Arbeit ein paar Mal gemacht, um den Fokus für das Wesentliche nicht zu verlieren.
Ich hoffe, ich konnte mit meiner Arbeit den gewünschten Mehrwert für unser Betriebsengineering und den Chefpiloten generieren.
Mit dieser Diplomarbeit kommt auch das Ende der Technikerschule immer näher. Ich blicke auf eine sehr spannende Zeit, mit vielen fachkompetenten Dozenten zurück. Die Weiterbildung hat bewirkt, dass ich gewisse Dinge im Arbeitsalltag mit anderen Augen sehe. Ein kleines Beispiel: Wenn ich an einem unserer Helikopter arbeite, sehe ich nicht nur ein Rotorblatt, sondern viel mehr was dahintersteckt, welche Belastungen ein solches Blatt aushalten muss und wie viele Komponenten hineinspielen. Man versucht das ganze Zusammenspiel eines Luftfahrzeugs zu erkennen.
Abschliessend möchte ich nochmals erwähnen, dass die Zielsetzungen der Themeneingabe der Arbeit erreicht und gemäss Pflichtenheft erfüllt wurden. Damit stellt diese Arbeit eine Grundlage für weiterführende Schritte im Bereich der Konfigurationsänderung des CL-604 dar.
Bei Fragen zu dieser Arbeit stehe ich gerne zu Verfügung.